Schweizer Spitäler in der Krise

Immer mehr Schweizer Spitäler stecken tief in den roten Zahlen. Experten schlagen Alarm, die Versorgung von Patienten sei gefährdet. Ursache sind unter anderem die Spitalstruktur der Schweiz und die Tarife.

Grosse Häuser wie das Universitätsspital Basel, die Insel-Gruppe in Bern, die St. Galler Spitäler oder das Universitätsspital Genf, aber auch mehrere kleine Regionalspitäler mussten im vergangenen Jahr grosse Verluste verbuchen. Es scheint, dass sie nicht mehr kostendeckend arbeiten können. Über die Gründe wird viel spekuliert. Fachkräftemangel, Energiekosten, Teuerung und Investitionen spielten sicher in vielen Fällen eine Rolle. Es gibt aber auch Gründe, die durch das Gesundheitssystem bedingt sind.

Engmaschige Versorgung
Zu diesen systembedingten Treibern der Spitalkrise gehört der Föderalismus. In der Schweiz gibt es über 250 Spitäler. Teilweise können Patienten innerhalb von 15 Minuten Autofahrt in verschiedenen Spitälern die gleiche Leistung beziehen. In Ländern wie den Niederlanden oder Dänemark, die eine vergleichbare Grösse und Bevölkerungsstruktur haben, gibt es nur rund 50 Krankenhäuser.

Schuld an dieser extrem engmaschigen Versorgung ist die Mehrfachrolle, die die Kantone in der Spitalversorgung innehaben: Sie sind Planer, Eigentümer, Arbeitgeber, Investor und Wirtschaftsförderer in einem. Damit ergeben sich Zielkonflikte, die den Wettbewerb zwischen den Spitälern verhindern. Teure Infrastruktur wird aufgebaut, aber nicht ausgenutzt.

Regionale Planung wäre effizienter
Diese Herausforderung liesse sich anpacken, wenn die Kantone einsehen würden, dass grössere Versorgungsregionen effizienter sind und auch eine bessere Versorgungsqualität bieten. Ansätze dazu gibt es zwar, etwa in der Ostschweiz oder im Raum Basel. Allzu oft scheitern die Projekte aber an der Politik oder am Widerstand der Bevölkerung. Wenn es nämlich darum geht, einen unrentablen Spitalstandort zu schliessen – oder auch nur eine einzelne Spitalabteilung – ist lauter Protest absehbar.
Sollte die stationäre Versorgung dereinst tatsächlich in grösseren Regionen und über die Kantonsgrenzen hinaus geplant werden, wäre die Kompetenzfrage als erste zu klären. Die Vertreter der Kantone müssten zusammensitzen und die Versorgung für die ganze Schweiz planen.

Die Lage hat sich verschärft
Ein zweites grosses Problem der Spitäler sind die Tarife. Die stationären Leistungspauschalen sind kaum mehr kostendeckend. Und wie in der ambulanten Arztpraxis gilt auch im spitalambulanten Bereich noch bis Ende 2025 der veraltete Tarif TARMED, der die aktuelle Medizin längst nicht mehr spiegelt. Manche Leistungen werden zu hoch vergütet, andere viel zu tief. Da die Tarife nicht an die Teuerung angepasst wurden, hat sich die Lage gemäss dem Spitalverband Hplus in den letzten Jahren deutlich verschärft. Die neue Spitalfinanzierung sollte eigentlich bewirken, dass die Spitäler ihre langfristigen Investitionen aus den Erträgen decken können. Das ist aber kaum mehr möglich, wenn sie chronisch unterfinanziert sind. Der Verband Hplus fordert deshalb eine sofortige Anhebung der Tarife um fünf Prozent sowie künftig eine klar geregelte Anpassung an die Teuerung. Das wäre in allen Bereichen nötig – auch in ambulanten Praxen.

Bildlegende

Wenn das Spital selber zum Notfall wird: Mehrere Schweizer Spitäler mussten im vergangenen Jahr grosse Verluste schreiben.

Bild: Keystone

Scroll to top icon