Hohe Kosten, hohe Qualität

Wie in vielen Industriestaaten wachsen auch in der Schweiz die Gesundheitsausgaben. Schweizer Patientinnen und Patienten sind aber trotz hoher finanzieller Belastung sehr zufrieden mit dem Gesundheitswesen. Dies belegen jüngste Zahlen.

Arztbesuche, Spitalaufenthalte, Langzeitpflege, Medikamente: Die Gesundheitsausgaben in der Schweiz sind in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Mit dieser Entwicklung steht unser Land nicht allein da. Das zeigen neuste Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Der OECD sind 38 Industriestaaten angeschlossen. 2015 beliefen sich die Gesundheitsausgaben der OECD-Länder im Schnitt auf 8,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP), 2022 waren es 9,2 Prozent. Im internationalen Vergleich rangiert die Schweiz weit vorne. Nur fünf OECD-Länder wenden gemessen am BIP noch mehr Geld für ihre Gesundheitssysteme auf: die USA und Japan sowie die Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich, Österreich. Grossbritannien und die Schweiz geben gleich viel Geld für die Gesundheitsversorgung aus (2022: 11,3 Prozent des BIP).
Es zeigt sich: In Ländern mit vergleichbarem Wohlstandsniveau entwickeln sich die Ausgaben ähnlich. Zu den Kostentreibern zählen die alternde Bevölkerung, der zunehmende Wohlstand sowie der technische Fortschritt in der Medizin.

Mischsystem statt staatlicher Finanzierung
Die steigenden Gesundheitskosten hängen also offenbar nicht mit dem Finanzierungssystem zusammen. In den meisten europäischen Ländern decken nämlich Staat und obligatorische Krankenversicherungen rund 80 Prozent der Gesundheitskosten ab. Die Kosten werden solidarisch finanziert – über einkommensabhängige Prämien. Nicht so in der Schweiz. Wir kennen ein Mischsystem aus staatlichen, obligatorischen und individuellen Zuschüssen. Im Jahr 2021 wurden gemäss Zahlen der OECD 68 Prozent der Gesundheitsausgaben über Steuern und obligatorische Prämien finanziert. Den Rest bezahlten die Patientinnen und Patienten privat über Selbstzahlungen oder in Form von Zusatzversicherungen.

Einkommensschwache werden gezielt unterstützt
Die Versicherten in der Schweiz bezahlen eine Kopfprämie, die für alle gleich hoch ist. Als solidarischen Ausgleich erhalten Einkommensschwache gezielt Unterstützung – durch individuelle Prämienverbilligungen, die Bund und Kantone entrichten. Im Jahr 2022 profitierte jeder vierte Versicherte von einer Prämiensubvention. Die Gesamtsumme der Verbilligung betrug rund 5,4 Milliarden Franken. Gut die Hälfte davon entfiel auf den Bund, den Rest zahlten die Kantone.

Umverteilung von reich zu arm
Unlängst wurde wieder Kritik an der «unsolidarischen Finanzierung» der Gesundheitsleistungen in der Schweiz laut. Diese greift aber zu kurz. Denn: Vermögende zahlen über Steuern markant mehr ins Gesundheitswesen ein als einkommensschwache Personen. So verteilt das Schweizer Gesundheitssystem von reicheren zu ärmeren Haushalten um, auch wenn internationale Statistiken dies nicht klar zum Ausdruck bringen. Jüngst wurde die solidarische Finanzierung gar ausgebaut – dank dem indirekten Gegenvorschlag zur Prämien-Entlastungs-Initiative. Damit werden Kantone, welche künftig die Prämien zu wenig verbilligen, stärker zur Kasse gebeten. Um total 360 Millionen Franken müssen die Kantone ihren Anteil an den Verbilligungen erhöhen. So wird die Politik jener Kantone korrigiert, die in den letzten Jahren bei den Verbilligungen bewusst knauserten.

Bestnoten für das Gesundheitswesen
Vom Kostendruck abgesehen erhält unser Gesundheitswesen Bestnoten. Patientinnen und Patienten schätzen den einfachen Zugang zu medizinischen Leistungen und die kurzen Wartefristen. Im jüngsten OECD-Bericht (2022) zeigen sich 94 Prozent der Befragten zufrieden mit der Qualität des Schweizer Gesundheitswesens. Das ist der beste Wert unter allen 38 Staaten. Und auch im Schweizer Gesundheitsmonitor 2024 beurteilen rund drei Viertel der Befragten die Qualität des Schweizer Gesundheitswesens als gut oder sogar sehr gut.
Doch damit die Versorgungsqualität hoch bleibt, sind Investitionen zur Stärkung des Gesundheitspersonals dringend nötig. So gehen zum Beispiel viele Hausärztinnen und Hausärzte in den kommenden Jahren in den Ruhestand. Nicht wenige davon ohne geregelte Nachfolge. Deshalb hat der Berufsverband der Haus- und Kinderärzte Schweiz unlängst eine Petition gestartet. Er verlangt vom Bund ein «Impulsprogramm Hausarztmedizin» mit Finanzmitteln in Millionenhöhe

Bildlegende

In Ländern mit hohem Wohlstandsniveau steigen die Gesundheitskosten. Zu den Kostentreibern zählt unter anderem der technische Fortschritt in der Medizin.

Bild: iStock

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