Einheitliche Finanzierung: eine nötige Reform
Die Reform zur einheitlichen Finanzierung ist wichtig für das Gesundheitswesen. Worum geht es? Wer ist dafür, wer dagegen? Und weshalb?
Worum geht es?
Das Parlament hat Ende 2023 nach 14 Jahren intensiver Beratung die KVG-Änderung zur einheitlichen Finanzierung verabschiedet. Weil das Referendum ergriffen wurde, wird das Schweizer Stimmvolk am 24. November darüber abstimmen.
Wo liegt das Problem?
Manche Behandlungen oder Operationen werden durch den Fortschritt in der Medizin heute ambulant durchgeführt, während früher ein Spitalaufenthalt über Nacht nötig war. Im aktuellen System muss die Krankenkasse beim ambulanten Eingriff die kompletten Kosten bezahlen, beim stationären Eingriff jedoch nur 45 Prozent. Die restlichen 55 Prozent werden durch den Kanton getragen. Das bedeutet: Obwohl die ambulante Operation kostengünstiger ist, belastet sie den Prämienzahler stärker. Das wird mit der Reform der einheitlichen Finanzierung ändern. Künftig soll für ambulante und stationäre Behandlungen der gleiche Verteilschlüssel gelten: Prämienzahler resp. Krankenkassen übernehmen 73,1 Prozent der Gesundheitsausgaben (nach Abzug der Franchise und des Selbstbehalts der Versicherten), die Kantone 26,9 Prozent. In einem zweiten Schritt wird auch die Finanzierung der Pflegeleistungen in der Schweiz vereinheitlicht. Pflegebedürftige werden weiterhin Beiträge leisten, deren Höhe der Bundesrat festlegt.
Welche Auswirkungen hätte die Reform?
Dank der einheitlichen Finanzierung kann die Gesundheitsversorgung effizienter gestaltet und die koordinierte Versorgung gefördert werden. Durch den neuen Verteilschlüssel werden integrierte Versorgungsmodelle für Krankenversicherer attraktiver, weil sie nicht nur investieren müssen, sondern auch gleichermassen die Kostenvorteile erhalten. Daraus ergibt sich eine win-win-win-Situation für alle Beteiligten: für die Behandelten, für die Behandelnden und für die Kostenträger.
Was bedeutet die Änderung für die Gesundheitskosten und die Prämien?
Einerseits fördert die einheitliche Finanzierung ambulante Behandlungen, die kostengünstiger sind als stationäre. Andererseits können die Krankenversicherer Kostenvorteile in Form von Prämienrabatten weitergeben. Modelle der integrierten Versorgung werden so für Prämienzahlende attraktiver und erreichen vermehrt chronisch Kranke, die den grössten Kostenanteil ausmachen und besonders von der optimalen Zusammenarbeit der verschiedenen Gesundheitsfachpersonen profitieren. Das Kostendämpfungspotenzial ist somit gross.
Und für die Patienten?
Durch den Systemwechsel würde der Anreiz gefördert, Behandlungen ambulant statt stationär durchzuführen. Das ist sowohl aus medizinischer Sicht wie auch aus Sicht der meisten Patienten wünschenswert. Die Qualität der Behandlungen und der Zugang zum Gesundheitssystem bleiben erhalten.
Was wären die Folgen für die Ärzteschaft?
In erster Linie bedeutet die Reform bessere Rahmenbedingungen, weil ärztliche Entscheidungen weniger aus betriebswirtschaftlichen Gründen beeinflusst werden. Die Förderung der integrierten Versorgung ermöglicht ein effizienteres und interprofessionelles Arbeiten. Dies trägt zur Linderung des Fachkräftemangels bei – und auch zur Qualitätssteigerung, weil Rabatte in diesen Modellen hälftig in die Qualitätsentwicklung investiert werden.
Wer ist für die Reform der einheitlichen Finanzierung?
Neben dem Bundesrat und dem Parlament unterstützt eine Mehrheit der Parteien die Reform. Zusammen mit den Ärztinnen und Ärzte sowie ihren Berufsverbänden spricht sich eine breite Allianz von Organisationen aus dem Gesundheitswesen dafür aus, unter anderem aus dem Pflegebereich wie die Spitex, Pflegeheime, Spitäler und Kliniken, die Apothekerschaft, der Krankenkassenverband Curafutura und Vertreter der Industrie. Damit ist das ganze Spektrum an Perspektiven der Gesundheitsbranche abgedeckt.
Und wer engagiert sich dagegen?
Die Gewerkschaft der Angestellten im öffentlichen Dienst (VPOD) hat das Referendum gegen die einheitliche Finanzierung lanciert. Der VPOD befürchtet, dass durch die Integration der Pflegefinanzierung entweder die Krankenkassenprämien oder die Selbstzahlungen der Heimbewohner steigen. Das führe zu Kostendruck, worunter die Bewohnerinnen und Bewohner, die Prämienzahler und das Personal leiden müssten. Unterstützt wird das Referendum vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB).